Zu einem Zeitpunkt, an dem die Öffnungszeiten der Bibliotheken eingeschränkt werden, der Referent*Innenrat von der eigenen Univeristätsleitung verklagt wird, wo studentische Beschäftigte seit Jahrzenten rechtswidrig zu einem viel zu niedrigen Lohn bezahlt werden, zu diesem Zeitpunkt melden wir uns als Fachschaftsinitiative der Gender Studies, eines der wohl am meisten angegriffenen Fächer überhaupt, zu Wort.
Mit den Angriffen auf die verfasste Studierendenschaft , als auch auf die studentischen Beschäftigten und den studentischen Personalrat, dem man die bewusst in Kauf genommenen Versäumnisse in der Lohnpolitik zuschieben will, nimmt es das Präsidium zumindest biligend in Kauf, dass die Studierenden der HU zunehmenden in der Studierbarkeit ihrer Fächer eingeschränkt werden.
Wir sind es wieder, die Gender Studis, immer störbereit wenn es an Machtkritik mangelt. Denn das ist es, was wir wirklich machen. Die bestehende Ordnung auf deren Grundlage hin zu befragen. Und unsere eurozentrische kleine Welt baut nunmal auf verschiedenen Achsen, die als Grenzziehungen funktionieren. Zwischen reich und arm, „Mann“ und „Frau“, weißer Menschen und rassismuserfahrener Menschen, ableisiert und von der Gesellschaft behindert. Wir fragen, zu welchem Zweck und aufgrund welcher Prämissen die Kategorisierung von Menschen erfolgt. Eine sinnvolle Frage in dem oben genannten Kontext könnte lauten, weshalb in einer Gesellschaft, die sich doch als so demokratisch versteht, immer noch die grösste Statusgruppe einer Institution am wenigsten zu sagen hat. Und diese Verhältnisse habe weitreichende Folgen: Noch immer unterrichten Vertreter der Afd wie Markus Egg unbehelligt und unter dem Schutz des HU Präsidiums an unserer Universität. Uns Studierenden fehlen Möglichkeiten, um diese untragbaren Zustände zu verändern und müssen stattdessen noch dabei zuschauen, wie die Universität weitere Einsparungen vornimmt. So zum Beispiel am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien, wo eine halbe Stelle in der Gender-Bibliothek ersatzlos gestrichen wird! So erschreckend die Vorkommnisse der jüngsten Vergangenheit auch sind, überraschen uns diese Vorgänge an einer Universität, die sich im neoliberalen Zeitgeist zunehmend als Unternehmen und ihre Studierenden in dieser Logik als Kund*Innen versteht, nicht. Entgegen der Annahme, der*die Kund*In habe immer Recht, versteht die HU Leitung ihre Studierenden aber eher als Konsument*Innen, die alles zu Schlucken haben, was ihnen vorgesetzt wird.
Den Wissenschaftstag für Gender Studies möchten wir deshalb zum Anlass nehmen, aus egoistischen Gründen auf die Misständen aufmerksam zu machen, die an der Humboldt-Uni zu Berlin herrschen.
Während wir als Studierende der HU in unserem Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen und studentische Repräsentation eingeschränkt werden und als Fachschaftinitiative unsere Existenz in Frage gestellt wird, wird das Fach Gender Studies als solches bespielsweise in Ungarn schon verboten. Von der Regierung Orbán wird dabei eine fehlende Nachfrage von Absolvent*Innen in der freien Wirtschaft vorgeschoben. Was in Ungarn funktioniert, wird von anderen bereits als Vorbild genommen: flämische Studierende besuchten bereits Viktor Orbán und plädierten nachfolgend bei deren Rektor an der Universität Gent, die Gender Studies zu stoppen. Wir sind schon gespannt, wie lange es noch dauert bis auch hier die Diskussion über eine Abschaffung der Gender Studies losgetreten wird. Vom Präsidium der HU brauchen wir uns mit Blick auf das fast schon unterwürfige Verhalten des Präsidiums im Fall der von der AfD geforderten Namenslisten des Referent*Innenrats, nicht viel Rückendeckung erhoffen.
Umso wichtiger sind und bleiben die Gender Studies als Studienfach und Forschungsgebiet, denn eine kritische Auseinandersetzung mit Machtverhältnisse ist, wie die oben genannten Beispiele zeigen, bitter nöttig. Innerhalb der neoliberalen Universität ist Widerstand dringend geboten. In diesem Sinne: Wir bleiben alle und werden mehr, und damit werden wir bald wieder stören: watch this space!